dima Interview: Vorteile der On-Demand-Fertigung

Die Technologie Additive Manufacturing bietet umfangreiche Möglichkeiten, komplexere Geometrien als bei traditionellen Fertigungsprozessen herzustellen.
Die Technologie Additive Manufacturing bietet umfangreiche Möglichkeiten, komplexere Geometrien als bei traditionellen Fertigungsprozessen herzustellen.Bild: Markforged

dima: Das Thema Lieferketten war in der jüngeren Vergangenheit oft eine Herausforderung. Eine Möglichkeit, dieser zu begegnen, ist, Produkte lokal herzustellen. Wie gehen Fertigungsbetriebe hier am geschicktesten vor?

Gesa Schneider: Die letzten Jahre zeigen, dass die Abhängigkeit von globalen Lieferketten Unternehmen vor große Schwierigkeiten in der Produktion stellen kann. Herstellungsbetriebe reagieren am geschicktesten auf Herausforderungen in den Lieferketten, indem sie Technologien wie die additive Fertigung (Additive Manufacturing – AM) nutzen. So können sie die Produktion lokalisieren und Ersatzteile, Werkzeuge oder Produkte nach Bedarf sowie direkt vor Ort herstellen. Das erlaubt es nicht nur, Risiken in der Lieferkette zu verringern, sondern es werden auch Abfälle reduziert und Kosten durch digitale Lagerbestände gespart. On-Demand-Manufacturing ist damit attraktiv für eine Reihe von Branchen. Besonders interessant ist die Technologie für Sektoren, in denen der rasche Bezug von Ersatzteilen einen möglichen Wettbewerbsvorteil bietet, etwa die Automobilbranche, die Rüstungsindustrie oder der Schienenverkehr. AM gestattet es auch, Produkte individuell an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen, wodurch die Arbeitsweise der Industrie verändert wird.

dima Interview-Partnerin Gesa Schneider: 
"Vernetzte AM-Plattformen wie Digital Forge enthalten wertvolle Tools wie KI-gestützte Validierung und Simulation, um einen reibungslosen digitalen Workflow und Wiederholbarkeit zu gewährleisten."
dima Interview-Partnerin Gesa Schneider: „Vernetzte AM-Plattformen wie Digital Forge enthalten wertvolle Tools wie KI-gestützte Validierung und Simulation, um einen reibungslosen digitalen Workflow und Wiederholbarkeit zu gewährleisten.“Bild: Markforged

dima: On-Demand-Manufacturing bietet konkret welche Vorteile?

Es wurde in den letzten Jahren immer öfter deutlich, dass es eine Alternative zur herkömmlichen Massenproduktion braucht. Eine On-Demand-Fertigung kann genau diese Alternative sein und bietet gleich mehrere Vorteile. Erstens verringert sie das Risiko in der Lieferkette, indem es die Notwendigkeit von Transport und Lagerung von physischen Teilen verringert und ermöglicht, dass Teile bei Bedarf und vor Ort produziert werden. Obwohl internationale Zusammenarbeit nach wie vor erhebliche Vorteile in Bezug auf Ideen und Innovationen bietet, erkannten Firmen in der jüngeren Vergangenheit, dass eine Verlegung eines Produktionsteils in die Nähe des Heimatlandes die Markteinführungszeit deutlich verkürzen kann. Zweitens trägt On-Demand-Fertigung zur Reduzierung von Abfällen bei, da nur die benötigte Menge an Material verbraucht wird und keine Überproduktion stattfindet.

Drittens bietet die On-Demand-Fertigung Kosteneinsparungen durch digitale Lagerbestände sowie reduzierte Transportkosten und Emissionen. Unternehmen wie die Deutsche Bahn haben On-Demand-Manufacturing bereits in ihre Reparatur- und Wartungszyklen integriert, um Reparaturen zu beschleunigen sowie Zeit, Kosten und Ressourcen zu sparen. Die Entwicklung digitaler Lagerbestände und Investitionen in eine effiziente digitale Infrastruktur spielen dabei eine wichtige Rolle. So plant der Konzern bereits, sein digitales Lager bis 2030 von 1.000 auf 10.000 Teile auszubauen.

Expertin für 3D-Druck und KI

Gesa Schneider ist Senior Territory Manager Central Europe bei Markforged (Hauptsitz: Waltham, Massachusetts, USA). Bereits seit über zehn Jahren arbeitet sie im Bereich Additive Manufacturing: zunächst bei BigRep, dann bei AMT und zuletzt in ihrem eigenen Unternehmen Circuteria, einer KI-Plattform zur Förderung von Kreislaufmateriallösungen in der Industrie.

Viertens gestattet sie eine individuelle Anpassung von Produkten an die spezifischen Anforderungen der Kunden. Mit der Möglichkeit, kompliziertere Geometrien als bei traditionellen Herstellungsprozessen zu berücksichtigen, lassen sich stabilere und leichtere Konstruktionen erzeugen. Dies ist besonders in Sektoren wie der Automobilindustrie und bei Fluggesellschaften vorteilhaft im Hinblick auf die Senkung von Emissionen. Und schließlich fördert es die abteilungs-, grenz- und branchenübergreifende Zusammenarbeit durch den digitalen Charakter der Fertigung.

dima: Welche Technologien stecken dahinter?

Die Schlüsseltechnologie hinter der On-Demand-Fertigung ist die additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck. Zusätzlich zur AM sind robuste digitale Infrastrukturen – einschließlich CAD-Systemen, digitalen Kommunikationsplattformen und sicherer Datenübertragung – erforderlich. Aufstrebende Technologien wie Blockchain können dazu beitragen, die sichere Übertragung von Dateien über Grenzen hinweg zu gewährleisten. Vernetzte AM-Plattformen, wie Digital Forge, sind ebenfalls wichtig, um einen reibungslosen Arbeitsablauf sicherzustellen.

dima: Und die noch zu bewältigenden Herausforderungen lauten?

Obwohl die On-Demand-Fertigung zahlreiche Vorteile bietet, gibt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Die Fertigung auf Abruf ist für die Produktion in kleinem Maßstab ideal geeignet. Steigen jedoch die Nachfrage und das Produktionsvolumen, wird es wichtig, dass Produktionskapazität, Gerätschaften und Personal in der Lage sind, auch umfangreichere Bestellungen zu handhaben, ohne dass es zu einem Qualitätsverlust kommt.

Bei der ‚Fertigung auf Abruf‘ werden Produkte nur nach Bedarf oder in der benötigten Menge hergestellt.
Bei der ‚Fertigung auf Abruf‘ werden Produkte nur nach Bedarf oder in der benötigten Menge hergestellt. – Bild: Markforged

Die Fertigung auf Abruf ist enorm auf digitale Technologien und Vernetzung angewiesen. Für Betriebe ist eine leistungsfähige digitale Infrastruktur erforderlich, die robuste CAD-Systeme, digitale Kommunikationsplattformen und sichere Datenübertragung umfasst. Bevor die Fertigung auf Abruf allgemein angenommen werden kann, sind Haftungs- und Zertifizierungsfragen zu klären, insbesondere in regulierten Branchen.

Seiten: 1 2

  • Hausmesse 2024 in Mindelheim

    Die Grob-Werke laden vom 16. bis zum 19. April zur Hausmesse ein. Nach dem erfolgreichen 20-jährigen Jubiläum in 2023 mit rund 3.500…


  • Maschinenbauunternehmen feiert 29 Jubilare

    Auch in 2023 ehrte das Maschinenbauunternehmen Klingelnberg wieder traditionell seine Mitarbeitenden mit langjähriger Betriebszugehörigkeit mit einer Jubilarfeier. Zu den Geehrten zählten vier…